Johann Becher

Dr. med. Johann Joachim Becher

Geb. in Speyer

Gest. in London

Religionszugehörigkeit: Römisch-Katholisch

GND: 118507923; VIAF: 88054470

Lehrtätigkeit in Mainz

  • 1661-1663, Medizinische Fakultät (1477-1798/1822)
  • 1663-1664, Professur für Arzneikunde, Medizinische Fakultät (1477-1798/1822)

Fachgebiete: Medizin, Wirtschaftswissenschaften, Alchemie, Physik, Chemie, Pharmazie, Pharmakologie, Kameralistik

Vorgänger: Ludwig von Hörnigk

Akademische Laufbahn

  • 1648-1652, Auslandsaufenthalt, Stockholm, am Hof der Königin Christine, wo viele Gelehrte aus ganz Europa versammelt waren
  • nach 1652-vor 1657, Forschungsreise, durch die Niederlande, Italien und viele Gegenden Deutschlands
  • 1657-1660, Forschungsaufenthalt, Mainz
  • Sommer 1660, Forschungsreise, Niederlande, Dienstreise im Auftrag des Mainzer Kurfürsten, die seine wirtschaftstheoretischen Vorstellungen prägte
  • 17.09.1660-31.08.1661, Studium, Universität Mainz (1477-1798)
  • nach dem 19.09.1661, Promotion, Universität Mainz (1477-1798)
  • 28.11.1661, Aufnahme in eine Fakultät, Universität Mainz (1477-1798), Medizinische Fakultät (1477-1798/1822)
  • April 1663-04.01.1664, Ordentlicher Professor, Universität Mainz (1477-1798), Medizinische Fakultät (1477-1798/1822), Professur für Arzneikunde
  • Herbst 1678-Ende 1678, Forschungsreise, Hamburg, Kontaktversuch mit Leipniz und Phosphor-Entdecker Dr. Brand; endete in großem Zerwürfnis
  • Ende 1678, Durchführung einer Studie, Alchemist, Amsterdam, von der Regierung finanzierte Versuche, um aus Silber Gold zu gewinnen
  • Ende 1679-Oktober 1682, Auslandsaufenthalt, England, Förderung durch Edmond Dickinson, den Alchemisten des engl. Königs und Prinz Ruprecht von der Pfalz (Sohn des "Winterkönigs"); Patentierung der Destillation von Teer aus Steinkohle, eines Abwind-Instruments und einer Schiffsmühle
  • nach 1681-vor Oktober 1682, Forschungsreise, Schottland

Biographisches

  • nach 24.01.1655, Alchemist, Ferdinand , Auf Grundlage von Bechers Schilderung eines "Universallösungs- und -verwandlungsmittels" finanzierte der Kaiser ihm verschiedene Experimente aus den Bereichen Mathematik, Physik, Medizin, Chemie, aber auch die Untersuchung methodischer und didaktischer Fragen.
  • 28.06.1660-vermutlich 1664, Leibarzt, Johann von Schönborn
  • 28.06.1660-vermutlich 1664, Hofmathematiker, Johann von Schönborn
  • vor dem 13.06.1662, Konversion, zum katholischen Glauben
  • 13.06.1662, Heirat, Maria von Hörnigk
  • nach 1664-vor 1666, Bediensteter, Karl , Hierbei verpflichtete Becher sich u.a. zur Errichtung einer venezianischen Glashütte in Mannheim und zur Anwerbung zahlreicher Fachkräfte und zur Einführung der Seidenraupenzucht. Becher konnte die vereinbarten Leistungen jedoch nicht erbringen.
  • Juni 1664-1671, Hofarzt, Ferdinand , nur dem Titel nach - Becher hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits von der Medizin abgewandt. Er war als wirtschaftlicher Ratgeber des Kurfürsten tätig (merkantilistisches Programm).
  • Juni 1664-1671, Hofmathematiker, Ferdinand
  • nach Juni 1664-vor 1665, Niederlande, im Auftrag des bayrischen Kurfürsten, um Interessenten für ein in München zu errichtendes Kaufhaus anzuwerben. Außerdem: Verbindung zur holländischen Westindischen Kompanie hergestellt und sich um den Erwerb einer Siedlungskolonie bemüht (erfolglos).
  • September 1665, Gründung, München, die erste Seidenmanufaktur der Stadt
  • Dezember 1665, Teilnahme an Verhandlungen, Delegierter, Wien, im Namen des bayerischen Kurfürsten unter Leitung des österreichischen Bischofs Christoph Royas y Spinola. Thema war die wirtschaftliche Verständigung zwischen Österreich und Bayern als Vorstufe einer wirtschaftlichen Einigung aller Reichsstände. Auch Verhandlungen über die Gründung einer deutsch-ostindischen Handelskompanie und die Realisierung von Kolonialplänen nach spanischem Vorbild.
  • Februar 1666-Sommer 1666, Kaiserlicher Kommerzienrat, Wien, aufgrund von Spannungen und Auseinandersetzungen mit dem österreichischen Staatsapparat zog sich Becher bereits im Sommer wieder zurück nach München.
  • 1667, Gründung, Herrschaft Walpersdorf (Österreich), Seidenmanufaktur; von der zuvor erbetenen Vollmacht zur Ausdehnung der Münchener Kompanie (deren Teilhaber er war) machte er keinen Gebrauch, was zu einem großem Zerwürfnis mit dieser führte. Becher hatte den Wiener Hof zum Zeitpunkt der Gründung bereits wieder verlassen.
  • 1667, Gründung, Wien, orientalische Handelskompanie
  • Mitte 1669, Teilnahme an Verhandlungen, Niederlande, in Begleitung seines Schwagers Wilhelm v. Hörnigk im Auftrag des Grafen Friedrich Kasimir von Hanau mit der Westindischen Kompanie. Diese war bereit zwischen der Mündung des Amazonas und des Orinoco ein Landstück von 3000 Quadratmeilen als erblichen Lehen zu überlassen und für eine jährliche Pachtsumme zu beschützen. Das Projekt wurde wegen der Entmündigung des Grafens durch seine Schwester nicht verwirklicht.
  • Mai 1671-September 1671, Teilnahme an Verhandlungen, Niederlande, im Auftrag des Kaisers. Becher verhandelte mit einigem Erfolg über zahlreiche österreichische Wirtschafts- und Finanzprobleme und über die Gründung einer österreichischen Okzidentalkompanie. Sein Bericht fand in Wien jedoch nur geringe Beachtung und wurde dem Kaiser nicht vorgetragen.
  • Sommer 1670-Mai 1675, Berater, Leopold von Habsburg, in den Ressorts Alchemie und Wirtschaft (hier u.a. Entwurf eines Rhein-Donau-Kanals, Einführung einer Umsatzsteuer)
  • Juni 1675, Hofkammerrat, Wien, er hat diese Funktion nie wahrgenommen
  • nach 07.05.1676, Delegierter, Leopold von Habsburg, Reise durch die wichtigsten süddeutschen Reichsstände bis Köln, um die Durchführung des Reichsediktes vom 7. Mai 1676 zu erwirken (Einfuhrverbot französischer Waren). Die Beschlagnahmung der Waren führte Becher nicht konsequent durch, sondern brachte die Gegenargumente der Städte in Wien vor. Infolge der Reise gab er seine Stellung in Wien auf.
  • nach 1676-vor 1677, Niederlande, u.a. Verkauf einer Wickelmaschine für Seide an die Stadt Harlem

Weitere Informationen

  • Becher gab selbst an, im Alter von 13 Jahren (1648) als Privatlehrer seine Mutter und zwei Brüder ernährt zu haben; währenddessen habe er nachts studiert.
  • Der nur kurz ausgefüllten Lehrstuhl in Mainz wurde Becher 1663 von seinem Schwiegervater Ludwig von Hörnigk abgetreten. Die Universität versuchte zuvor vergeblich, ihm die dritte medizinische Professur anzutragen.
  • Nach seinem Ausscheiden aus der Universität Mainz 1664 beschäftigte er sich mit medizinischen, chemischen, technischen, philosophischen und wirtschaftlich-technologischen Fragen. In diesem Zusammenhang begann er zusammen mit dem Kurfürsten mit der Umsetzung und Planung zahlreicher Projekte, welche der Infrastruktur, der Wirtschaftskraft und dem Allgemeinwohl zugutekommen sollten. Hierzu zählen ein regenbetriebener Uhrenturm, welcher laut Becher durch Sabotage zunichte gemacht wurde, aber auch vergebliche Projekte, wie die Anlage von Schiffsmühlen auf dem Rhein, die Anlage von Wasserleitungen sowie die Gründung einer Aktiengesellschaft, die sich für das Gemeinwohl einsetzen sollte.
  • Wegen seiner universalgelehrten Sprunghaftigkeit sank er bald in der Gunst des Kurfürsten, der ihn mit Empfehlungsschreiben ziehen ließ.
  • Becher versuchte nach 1666 mehrere Jahre lang in einer Doppelstellung zwei Herren gleichzeitig dienen zu können (dem Kurfürsten von Bayern und dem Kaiser in Wien). Erst 1671 löste er seine bayerischen Beziehungen offiziell.
  • Vom Sommer 1666 bis 1670 lebte Becher hauptsächlich zurückgezogen in München und widmete sich seinen zahlreichen Studien.
  • Becher soll 10 Sprachen beherrscht haben.
  • Durch seine staats- und wirtschaftstheoretischen Schriften hat Becher entscheidende Beiträge zur Entwicklung des Merkantilismus geleistet.
  • Der Johann-Joachim-Becher-Weg auf dem Campus der heutigen Universität wurde nach ihm benannt (vermutlich 1967).

Quellen

  • Protokoll der Medizinischen Fakultät 1478-1733, Stadtarchiv Mainz, Best. 18/161

Veröffentlichungen von Johann Becher (Auswahl)

Becher, Johann Joachim, Methodus Didactica Seu Clavis Et Praxis Super Novum Suum Organon Philologicum, Das ist: Gründlicher Beweis/ daß die Weg und Mittel/ welche die Schulen bißhero ins gemein gebraucht/ die Jugend zu Erlernung der Sprachen ... zu führen/ nicht gewiß/ noch sicher seyen/ sondern den Regulen und Natur der rechten Lehr/ und Lern-Kunst schnurstracks entgegen lauffen/ derentwegen gemeiniglich unfruchtbar/ und vergeblich ablauffen., Frankfurt, 1668.
Becher, Johann Joachim, Chymisches Laboratorium oder Untererdische Naturkündigung, 1680.
Becher, Johann Joachim & Sinzendorff, Georg Ludwig von, D. Johann Joachim Bechers/ von Speyer/ Römischer Kayserlicher Majestät Commercien-Raths Politischer Discurs Von den eigentlichen Ursachen/ deß Auf- und Abnehmens/ der Städt/ Länder/ und Republicken: in specie, Wie ein Land Volckreich und Nahrhaft zn machen/ und in eine rechte Societatem civilem zu bringen. Auch wird von dem Bauren-Handwercks und Kaufmannsstand/ derer Handel und Wandel/ ... und dergleichen/ außführlich gehandelt, Franckfurt, Zunner, 1668.

Veröffentlichungen über Johann Becher (Auswahl)

Benzing, Josef, Verzeichnis der Professoren der alten Universität Mainz, Mainz, 1986.
Fenske, Hans, Johann Joachim Becher, in: Pfälzer Lebensbilder. Bd. 2, , Speyer, Verl. d. Pfälz. Ges. zur Förderung d. Wiss. in Speyer, Veröffentlichung / Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Speyer, 1970, Bd.2, S. 136–161.
Hassinger, Herbert, Johann Joachim Becher 1635-1682. Ein Beitrag zur Geschichte des Merkantilismus, Wien, Holzhausen, (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Bd. 38), 1951.
Krämer, Alfons, Zur Geschichte der medizinischen Fakultät der alten Mainzer Universität, Mainz, Univ. Diss., 1948.
Mathy, Helmut, Entschlüsselte Schilder: Straßennamen auf dem Campus, Mainz, Johannes-Gutenberg-Univ, 1986.
Mathy, Helmut, Die Universität Mainz 1477-1977, Mainz, Krach, 1977.
Praetorius, Otfried, Professoren der kurfürstlichen Universität Mainz 1477-1797, in: Familie und Volk. Zeitschrift für Genealogie und Bevölkerungskunde, 3+4 (1952).
Zitierhinweis

Johann Becher, in: Verzeichnis der Professorinnen und Professoren der Universität Mainz. URI: http://gutenberg-biographics.ub.uni-mainz.de/id/da41563d-4179-4284-831b-09c3c5fe9a70. (Zugriff am 19.04.2024)

Lizenz für Text- und Forschungsdaten: CC-BY 4.0. Diese Lizenz gilt nicht für die verwendeten Bilder. Sofern nicht anders angegeben sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Becher__Johann.jpg
Quelle: http://uh.edu/engines/epi2088.htm. CC0.